Sitzungsprotokoll der Sitzung vom 22.01.09 (Tara Davidson)

I. Kriegsberichterstattung. Die Macht der Sensation

Der Fall Magdeburgs war am 20. Mai 1631. 20000 Soldaten auf der Seite der Katholiken haben die Stadt eingenommen. Die Stadt Magdeburg kämpft auf der protestantischen Seite. Nur etwa 1/3 der Einwohner überlebten den Überfall. Die Drucker und Verleger haben gute Geschäfte mit diesem Krieg und besonders dem Fall Magdeburgs gemacht. Der Fall Magdeburgs wurde mit den Ereignissen von Troja und Jerusalem verglichen. Der Spruch „Die Magd hat dem Kaiser den Tanz versagt, jetzt tanzt sie mit dem Knecht, so geschieht es stolzen Mägden recht“ spricht von Magdeburg. Manche behaupten, dass Magdeburg "Stadt der Jungfrauen" bedeutet. Dieser Spruch bedeutet, dass die Stadt geschändet wurde. Magdeburg war eine protestantische Stadt und wollte zuerst neutral bleiben, aber ist später in den Krieg eingetreten.
Martin Luthers 95 Thesen und die Reformation hatten den Verkauf von Flugschriften stark beeinflusst. Ein Flugblatt kostet etwa 2-4 Kreuzer, dessen Preis mit dem Stundenlohn eines Maurers vergleichbar war. Leipzig und Frankfurt hatten bereits eine Buchmesse. Die Post hat auch einen großen Einfluss auf den Verkauf von Flugschriften. Zu dieser Zeit funktioniert sie mit Pferd und Bote in Stafetten (Stafettenpost). Wichtig für diese Entwicklung war das Haus von Thurn und Taxis = Taxissche Post). Mit der Post konnten Verleger schneller ein größeres Publikum erreichen und ihre Schriften verbreiten, dadurch konnten sie öfter Blätter drucken. In Straßburg und Wolfenbüttel erscheinen die ersten regelmäßig erscheinenden Zeitungen der Welt, in Straßburg die seit 1605 erscheinende wöchentliche Relation und seit 1609 eine Aviso in Wolfenbüttel. Viele verschiedene Gruppen abonnierten Zeitungen, z.B. Schankwirte, Adlige, Geistliche und Studenten. Da die Blätter weitergereicht wurden, wurde ein Exemplar im Durchschnitt etwa zehnfach gelesen.

Mehr Information zur Geschichte der Post hier.
Mehr Information zur Geschichte der Zeitung hier und hier.

Wechselwirkung zwischen Krieg und loyaler Berichterstattung.
Die Nachrichten mussten den Glauben und die Position des jeweiligen Fürsten reflektieren. Deswegen war sie begrenzt objektiv. Daraus ergibt sich die Frage, ob man überhaupt neutral über Kriege berichten kann, denn Objektivität ist eine Utopie, da immer aus einer persönlich beeinflussten Perspektive geschrieben und auch gelesen wird.

II. Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648)

Man kann den Krieg in vier Phasen teilen:
Der Böhmisch - Pfälzische Krieg (1618 - 1623)
Der Niedersächsisch - Dänische Krieg (1624 – 1629
Der Schwedische Krieg (1630 - 1635)
Der Schwedisch - Französische Krieg (1635 - 1648)
Der Krieg war zwischen Kaiserlich-Katholiker und Protestanten.
Wichtige Themen: Augsburger Religionsfriede, Prager Fenstersturz, und Albrecht von Wallenstein.
Mehr Information zum Krieg hier und hier.


Die Schrecken des Krieges
Die Bevölkerung ging um etwa ein Drittel zurück, in manchen Gebieten mehr, in anderen weniger. Das Land wurde verheert, Hungersnöte und Seuchen waren die Folgen. Zu dieser Zeit haben wir die ersten Dokumente über den Alltag im Krieg, wie z.B. Notizen, manche Tagebücher, aber auch Zeichnungen und bildliche Kriegsberichte.
Callots "Schrecken und Jammer des Krieges" hier.

III. Ein Söldnerleben im Dreißigjährigen Krieg

Einführung zum Söldnertagebuch hier.
Der Name des Autors war nicht verzeichnet. Aber Rekonstruktion von Angaben in seinen Aufzeichnungen, Geburt seine Kinder usw. beweisen den Schreiber als Peter Hagendorf. Das Tagebuch betrifft sein Leben von 1625 bis 1649. Er hat etwa 25 Jahren Notizen gemacht, die nachträglich in einer Art Tagebuch aufgezeichnet wurden. Hagendorf konnte lesen und schreiben, auch in Latein. Das Interesse an Nachrichten war zu dieser Zeit groß, Menschen wollten lesen und schreiben lernen, besonders in Städten, und das bedeutet, dass vielleicht Bildung weiter verbreitet war als bisher angenommen. Das Tagebuch ist dennoch ein Sonderfall.
Hagendorf war dreimal verheiratet. Er hat zehn Kinder gehabt, aber neun davon sind früh gestorben. Er beschreibt normalerweise, wo und in welchem Regiment er gekämpft hat, Besonderheiten aus der Gegend (z.B. Pumpernickel in Lippstadt), und was er gegessen hat. Essen hat eine besondere Bedeutung, immer wieder wird erwähnt, wenn es viel zu Essen gibt. Danach erwähnt Hagendorf kurz wichtige Ereignisse in seiner Familie, wie Geburt und Tod. Seine Beschreibungen über Familie sind immer sachlich und distanziert. In dem gelesenen Ausschnitt gibt es nur zwei Stellen, die Emotionen verraten: S.137 als das 18-jährige Mädchen verbrannt wird und S. 138 als Magdeburg verbrannt wird.

Was erfahren wir aus diesem Tagebuchabschnitt über den Alltag im Krieg?
Er war bei dem Fall Magdeburg dabei. Er nennt die Gegend sein Vaterland. Er wurde bei dem Überfall schwer verletzt, hat auch davon sachlich und ohne Emotionen berichtet. Seine Frau hat in der Stadt geplündert.
Familien reisten im Tross mit.
Frauen haben am Kriegsgeschehen teilgenommen und die Familie versorgt.
Frau und Mann waren ein "Produktionsgemeinschaft" (Peters).
Frau 'requirierte' Nahrungsmittel z.B. Mehl, um Brot zu backen.
Männer machten Beute. Das war der Alltag und normal.

Für unverheiratete Söldner gehörten auch selbstverständlich junge Mädchen als Beute dazu. Vielleicht erklärt sich auch daraus das Bedauern Hagedorfs, dass das junge und schöne 18-jährige Mädchen mit verbrannt wurde. Vergewaltigung und Prostitution gehörten zum Alltag des Krieges.
Das Söldnertagebuch erlaubt es uns, dass wir zum ersten Mal über eine längere Zeit Alltagsnachrichten über den Krieg nachlesen können.
Karte zum Lebensweg des Söldners hier.


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